Medienrecht Schweiz

Rechtsdurchsetzung bei Persönlichkeitsverletzungen

Ansprüche aus Vertrag (z.B. Verletzung einer Lizenvereinbarung) können nur gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden. Anders verhält es sich bei sogenannten ausservertraglichen Ansprüchen gegen Dritte, welche sich rechtswidrig verhalten. Hier kann der Verletzte grundsätzlich gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt (Art. 28 ZGB, Art. 15 DSG,  Art. 9 UWG, ...) vorgehen. Allerdings kann Schadenersatz und Genugtuung nur von jenen Mitbeteiligten verlangt werden, welche ein Verschulden trifft. Die verschuldensunabhängigen Ansprüche (Unterlassung, Beseitigung, Löschung, Berichtigung usw.) können allen Mitbeteiligten gegenüber geltend gemacht werden.

So konnte beispielsweise die Schweizerische Mediendatenbank gezwungen werden, sämtliche Beiträge, welche den aktuellen Stand eines Strafverfahrens nicht wiedergaben (Einstellung des Verfahrens gegen einen medial an den Pranger gestellten höheren Beamten) nachzuschreiben bzw. zu ergänzen. Vgl. dazu: Entscheid des Amtsgerichts Luzern-Land (Urteil Amtsgericht Luzern-Land vom 29.11.2010: SDA-Mitteilung vom 21.01.2011medialex 1/11, S.22-27) sowie auch Stellungnahme des Presserates 29/2011 betreffend "Berichtigung / Gegendarstellung / Nachträgliche Anonymisierung in Online-Medien und digitalen Archiven").

Noch illustrativer ist das Flugblatt eines Ostschweizer Abstimmungskommitees: 13 lokale Baumeister verwendeten in einem Flugblatt einen persönlichkeitsverletzenden Beitrag aus dem "Sonntagsblick" über einen Grossunternehmer aus der gleichen Branche (siehe nachf. Abbildung). Eingeklagt wurde das Abstimmungskommitee, d.h. 13 beteiligte Unternehmen sowie auch der "Sonntagsblick".

Abbildung 45 © Bildzitat (Quelle: Glaus, MMW, S. 149)

Im Urteil 5A_309/2013 vom 4.11.2013 bestätigte das Bundesgericht die folgende Anordnung der Vorinstanz: der Verletzer wurde zur Veröffentlichung einer Entschuldigung verpflichtet auf der Internetseite und den Facebookprofilen, auf welchen die persönlichkeitsverletzenden Verlautbarungen verbreitet wurden.

Nicht immer muss das Gericht angerufen werden. In der Schweizer Mediendatenbank finden sich Einträge mit folgendem (oder sinngemässem) Vermerk: "Dieser Artikel wurde im Zuge eines aussergerichtlichen Vergleichs zwischen einem Betroffenen und dem Verlag teilweise entfernt" (Beispiele den Autoren bekannt).

Feststellungsinteresse als Voraussetzung:

Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen (Art. 28 Abs. 1 ZGB) und beantragen, die Widerrechtlichkeit der Verletzung festzustellen, wenn sich diese weiterhin störend auswirkt. Der Feststellungsklage im Recht des Persönlichkeitsschutzes kommt die Funktion zu, eine eingetretene Persönlichkeitsverletzung zu beseitigen. Besteht ein durch eine Verletzung in den persönlichen Verhältnissen hervorgerufener Störungszustand, nimmt das Begehren um gerichtliche Feststellung einer widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung eine dem Verletzten dienende Beseitigungsfunktion wahr (vgl. BGE 5A.286/2012  mit Verweis auf BGE 127 III 481 und BGE 138 III 337 betreffend Schutz der sozialen Geltung einer juristischen Person und deren Anspruch auf Genugtuung). Die Feststellungsklage kann nur erhoben werden, wenn der Kläger einer anhaltenden Beeinträchtigung seines Ansehens ausgesetzt ist, die mittels gerichtlicher Feststellung beseitigt werden kann. Dieses Rechtsschutzinteresse mag entfallen, wenn sich die Verhältnisse derart geändert haben, dass die persönlichkeitsverletzende Äusserung jede Aktualität eingebüsst oder eine beim Durchschnittsleser hervorgerufene Vorstellung jede Bedeutung verloren hat, weshalb auszuschliessen ist, die Äusserung werde von Neuem öffentlich verbreitet werden (vgl. BGE 5A.286/2012, in welchem das Bundesgericht über Äusserungen in einer E-Mail befand).

Im Urteil 5A_309/2013 vom 4.11.2013 hielt das Bundesgericht fest, es sei in Kauf zu nehmen, dass die (verletzende/beklagte) Prozesspartei die Möglichkeit hat, durch einen prozesstaktisch motivierten Weiterzug des erstinstanzlichen Urteils ein Unterlassungsurteil zu verhindern (Der Verletzer hatte nach dem erstinstanzlichen Urteil - wohl prozesstaktisch - die verletzenden Ausführungen von seinen Webseiten gelöscht).


Autoren Nathalie Glaus und Bruno Glaus /
Glaus & Partner Rechtsanwälte, Uznach

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